Irritation des Immunsystems durch Borrelien und ihre Auswirkungen auf die Diagnose und Behandlung von Borreliose

Die Diagnose von Borreliose, einer durch Zecken übertragenen bakteriellen Infektion, ist oft eine Herausforderung, da die Symptome der Krankheit sehr variabel sind und das Immunsystem auf verschiedene Weise beeinflusst wird. Eine Schlüsselkomponente der Diagnose ist die Detektion von Antikörpern gegen Borrelien-Bakterien, insbesondere IgM-Antikörper, die normalerweise in der frühen Phase der Infektion produziert werden. Unzureichende Borrelien-IgM-Produktion kann jedoch die Fähigkeit der Ärzte beeinträchtigen, die Krankheit frühzeitig zu erkennen und angemessen zu behandeln. In diesem Text werden wir die Faktoren untersuchen, die zu einer unzureichenden IgM-Produktion führen können, und die potenziellen Auswirkungen auf die Diagnose und Therapie von Borreliose diskutieren.

Faktoren, die zur unzureichenden IgM-Produktion beitragen:

  • Immunsuppression: Wie bereits erwähnt, kann Borreliose das Immunsystem unterdrücken, was wiederum die Produktion von Antikörpern, einschließlich IgM, beeinträchtigen kann. Immunsuppression kann aus verschiedenen Gründen auftreten, wie zum Beispiel durch die Hemmung der T-Zell-Aktivierung oder die Modulation von Makrophagen.
  • Verzögerte Immunantwort: Einige Patienten mit Borreliose können eine verzögerte oder abgeschwächte Immunantwort auf die Infektion zeigen. Dies kann zu einer späten oder unzureichenden IgM-Produktion führen, die die Erkennung der Krankheit erschwert.
  • Molekulare Mimikry und Antigen-Variabilität: Borrelien-Bakterien können menschlichen Proteinen ähneln oder ihre Antigene verändern, um der Immunantwort des Körpers zu entkommen. Dies kann dazu führen, dass das Immunsystem keine ausreichenden Mengen an IgM-Antikörpern gegen die Bakterien produziert.

Auswirkungen auf die Diagnose und Behandlung von Borreliose:

  • Falsch-negative Testergebnisse: Eine unzureichende IgM-Produktion kann dazu führen, dass Borreliose-Tests, die auf Antikörpernachweis basieren, falsch-negative Ergebnisse liefern. Dies kann eine frühzeitige Diagnose und Behandlung der Krankheit verhindern.
  • Verzögerte Behandlung: Da eine unzureichende IgM-Produktion die Diagnose erschwert, kann es zu einer verzögerten Behandlung kommen, was das Risiko von Komplikationen und chronischen Symptomen erhöht.
  • Schwierigkeiten bei der Überwachung der Behandlung: In einigen Fällen kann eine unzureichende IgM-Produktion die Fähigkeit der Ärzte beeinträchtigen, den Erfolg der Behandlung zu überwachen und festzustellen, ob die Infektion vollständig beseitigt wurde.

Weitere Auswirkungen der Borreliose auf das Immunsystem

Irritation des Immunsystems

Die Borreliose kann das Immunsystem durch verschiedene Mechanismen irritieren und reizen. Einige davon sind:

  • Molekulare Mimikry: Borrelia-Bakterien können Strukturen auf ihrer Oberfläche verändern, um menschlichen Proteinen zu ähneln, was zu einer Immunantwort gegen körpereigene Strukturen führen kann (Stricker & Johnson, 2011).
  • Antigen-Variabilität: Die Bakterien sind dafür bekannt, ihre Antigene zu verändern, um der Immunantwort zu entkommen (Chaconas & Kobryn, 2021).

Quellen:

Stricker, R. B., & Johnson, L. (2011). Lyme disease: The next decade. Infection and Drug Resistance, 4, 1-9.

Chaconas, G., & Kobryn, K. (2021). Antigenic variation in the Lyme disease spirochete. Current Opinion in Microbiology, 61, 82-87.

Unterdrückung des Immunsystems

Borreliose kann das Immunsystem unterdrücken und dessen Fähigkeit beeinträchtigen, effektiv auf Infektionen und andere Krankheiten zu reagieren. Einige Mechanismen der Immunsuppression durch Borreliose umfassen:

  • Inhibition von Immunzell-Funktionen: Borrelia burgdorferi kann die Funktion von Immunzellen, wie T-Zellen und dendritischen Zellen, beeinträchtigen, was zu einer verminderten Immunantwort führt (Moriarty et al., 2008).
  • Produktion von immunsuppressiven Molekülen: Die Bakterien können Moleküle produzieren, die die Immunantwort unterdrücken, wie zum Beispiel die Induktion von entzündungshemmenden Zytokinen (IL-10) (Dennis & Radolf, 1993).

Quellen:

Moriarty, T. J., Shi, M., Lin, Y. P., Ebady, R., Zhou, H., Odisho, T., … & Bockenstedt, L. K. (2008). Vascular binding of a pathogen under shear force through mechanistically distinct sequential interactions with host macromolecules. Molecular Microbiology, 71(6), 1415-1434.

Dennis, V. A., & Radolf, J. D. (1993). Immunoregulation by Borrelia burgdorferi: Induction of Interleukin-10 Production. Infect Immun, 61(2), 407-416.

T-Zell-Apathie

Eine Studie von Jutras et al. (2019) zeigte, dass Borrelia burgdorferi in der Lage ist, eine T-Zell-Apathie zu induzieren, indem es Peptide produziert, die T-Zell-Antigenpräsentation und -aktivierung unterdrücken. Diese T-Zell-Apathie trägt zur Immunsuppression und zur Persistenz der Bakterien im Wirt bei.

Quelle:

Jutras, B. L., Lochhead, R. B., Kloos, Z. A., Biboy, J., Strle, K., Booth, C. J., … & Jacobs-Wagner, C. (2019). Borrelia burgdorferi peptidoglycan is a persistent antigen in patients with Lyme arthritis. Proceedings of the National Academy of Sciences, 116(27), 13498-13507.

Modulation von Makrophagen

Eine Studie von Bernard et al. (2018) ergab, dass Borrelia burgdorferi die Aktivität von Makrophagen modulieren kann, indem es die Expression von entzündungshemmenden Genen fördert und die Expression von entzündungsfördernden Genen reduziert. Dies führt zu einer verminderten Immunantwort und ermöglicht den Bakterien, im Wirt zu persistieren.

Quelle:

Bernard, Q., Smith, A. A., Yang, X., Koci, J., Foor, S. D., Martin, R., … & Marconi, R. T. (2018). Plasticity in early immune evasion strategies of a bacterial pathogen. Proceedings of the National Academy of Sciences, 115(22), E5056-E5065.

Hemmung der Komplementaktivierung

Eine Studie von Kraiczy et al. (2001) zeigte, dass Borrelia burgdorferi in der Lage ist, die Aktivierung des Komplementsystems zu hemmen, indem es Komplement-regulatorische Proteine bindet. Dies führt zu einer verminderten Immunantwort und erhöht die Fähigkeit der Bakterien, im Wirt zu überleben.

Quelle:

Kraiczy, P., Hellwage, J., Skerka, C., Becker, H., Kirschfink, M., Simon, M. M., … & Wallich, R. (2001). Complement resistance of Borrelia burgdorferi correlates with the expression of BbCRASP-1, a novel linear plasmid-encoded surface protein that interacts with human factor H and FHL-1 and is unrelated to Erp proteins. Journal of Biological Chemistry, 276(1), 811-817.

Zusammenfassung:

Borreliose ist eine komplexe Erkrankung, die das Immunsystem sowohl durch Irritation als auch durch Unterdrückung beeinflusst. Die Bakterien sind in der Lage, ihre Antigene zu verändern und Molekulare Mimikry zu nutzen, um der Immunantwort des Körpers zu entkommen und Immunzellen zu irritieren. Gleichzeitig können sie auch die Funktion von Immunzellen beeinträchtigen und immunsuppressive Moleküle produzieren, um die Immunantwort zu unterdrücken.

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Borreliose das Immunsystem unterdrücken kann, indem es die Funktion von Immunzellen wie T-Zellen und Makrophagen beeinträchtigt, die Aktivierung des Komplementsystems hemmt und entzündungshemmende Gene fördert. Diese Mechanismen tragen zur Persistenz der Bakterien im Wirt bei und können die Schwere und Dauer der Erkrankung beeinflussen.