Seit der Mensch Getreide anbaut, hat sich die Ernährung grundlegend verändert. Doch was auf den ersten Blick als gesund und energiereich gilt, birgt auch versteckte Gefahren. Getreide und Hülsenfrüchte enthalten Antinährstoffe, die die Aufnahme lebenswichtiger Mineralstoffe blockieren. Dieser Text beleuchtet, wie diese Substanzen unsere Gesundheit beeinträchtigen und was wir tun können, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.
Seit die Menschheit vor etwa 10.000 Jahren den Ackerbau entdeckte und begann, Getreide in großem Umfang zu konsumieren, hat sich unsere Ernährung fundamental verändert. Getreide wie Weizen, Roggen und Hafer liefern heute einen großen Teil unserer Kalorien in Form von Kohlenhydraten. Diese hohe Energiedichte hat zwar zur Ernährungssicherung beigetragen, doch in den letzten Jahrzehnten haben Untersuchungen immer wieder auf die Schattenseiten dieser Ernährungsform hingewiesen: Getreide enthält nicht nur nützliche Nährstoffe, sondern auch sogenannte Antinährstoffe.
Antinährstoffe in Getreide – Eine Doppelwirkung: Antinährstoffe wie Phytinsäure, Lektine und Gluten sind natürliche Verteidigungsmechanismen der Pflanzen, die ihre Samen vor Fraßfeinden schützen sollen. Diese Substanzen haben jedoch eine negative Wirkung auf die menschliche Gesundheit. Sie binden Mineralstoffe wie Eisen, Zink, Magnesium und Kalzium und hemmen deren Aufnahme im Darm. So entsteht langfristig ein Mangel an essenziellen Mikronährstoffen, obwohl man eigentlich ausreichend Nahrung zu sich nimmt.
Mineralienmängel und ihre Folgen: Eisenmangel, der weltweit häufigste Nährstoffmangel, ist ein Paradebeispiel. Phytinsäure in Getreide kann die Eisenaufnahme um bis zu 80 % reduzieren. Das führt nicht nur zu Müdigkeit und Leistungsabfall, sondern schwächt auch das Immunsystem. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Kalziumaufnahme: Phytinsäure stört den Kalziumstoffwechsel, was besonders in Regionen ohne ausreichende Vitamin-D-Zufuhr zu einem erhöhten Risiko für Knochenerkrankungen wie Osteoporose führt. Untersuchungen haben gezeigt, dass in Bevölkerungen, die überwiegend Vollkornprodukte konsumieren, Symptome wie Knochenschwund und Rachitis auch dort auftreten können, wo ausreichend Sonnenlicht für die Vitamin-D-Synthese vorhanden ist.
Hülsenfrüchte – Ebenfalls eine Herausforderung: Auch Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen und Kichererbsen enthalten nennenswerte Mengen an Phytinsäure, Lektinen und Tanninen, die die Nährstoffaufnahme behindern. Diese Antinährstoffe führen zu einer verminderten Bioverfügbarkeit von Eisen, Zink und Kalzium. Zwar sind Hülsenfrüchte wichtige Proteinlieferanten, doch der hohe Anteil an Antinährstoffen reduziert ihre positive Wirkung auf den Nährstoffhaushalt.
Was tun? Um die negativen Effekte der Antinährstoffe zu reduzieren, gibt es verschiedene Ansätze. Eine Möglichkeit besteht darin, den Konsum von Getreide und Hülsenfrüchten zu reduzieren und gleichzeitig den Anteil von Gemüse, Obst und nährstoffreichen Alternativen zu erhöhen. Gemüse und Obst enthalten nur wenige Antinährstoffe und liefern dafür eine Fülle von Vitaminen, Mineralien und Antioxidantien.
Ein weiterer Schritt besteht darin, die Zubereitungsmethoden zu optimieren. Keimen, Fermentieren oder längeres Einweichen von Getreide und Hülsenfrüchten kann die Menge an Antinährstoffen deutlich reduzieren und so die Aufnahme von Nährstoffen verbessern. Durch diese traditionellen Methoden können die negativen Effekte abgemildert und die gesundheitlichen Vorteile von Getreide und Hülsenfrüchten besser genutzt werden.
Weniger Getreide, mehr Vielfalt Durch eine ausgewogenere Ernährung, die mehr frisches Gemüse und Obst enthält und weniger auf Getreide und Hülsenfrüchte setzt, kann der Einfluss von Antinährstoffen deutlich reduziert werden. Dies hilft, Mangelerscheinungen wie Eisenmangel und Knochenschwund vorzubeugen und den Körper langfristig mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen.
Literatur:
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