Dünndarmfehlbesiedlung

Die Dünndarmfehlbesiedlung tritt oft in Gesellschaft mit weiteren Erkrankungen auf und wird deshalb sehr häufig verkannt, obwohl sie in der Regel stark zu den Beschwerden des Erkrankungsbilds beiträgt. Sie tritt häufig zusammen auf mit Burnout- und Erschöpfungssymptomen, Schilddrüsenerkrankungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Hormonstörungen. Nicht selten bleiben die Vorteile des biologischen Schutzschildes des intuitiven Fastens ungenutzt.

Was ist eine Dünndarmfehlbesiedlung?

Unserem Darm wird häufig gar nicht so viel Beachtung geschenkt wie er es verdient hätte. Die wichtigste Aufgabe unseres Darms ist es, die lebenswichtigen Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette aus der Nahrung zu filtern. Den größten Teil dieser Aufgabe erledigt dabei unser Dünndarm. Alles was der Dünndarm nicht schaffen konnte, übernimmt der Dickdarm mithilfe von knapp 1000 verschiedenen Arten von Bakterien. Sie helfen dabei, die übriggebliebenen unverdaulichen Essensreste so zu verändern, dass sogar aus ihnen noch Nährstoffe gezogen werden können. Diese Bakterien würden jedoch im Dünndarm einen großen Schaden anrichten, weil sie die Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette zersetzen würden, bevor sie vom Körper aufgenommen werden können. Daher gibt es eine Schleimhautklappe, die Ileozökalklappe – zwischen Dünn- und Dickdarm, die das Übersiedeln der Bakterien verhindern soll.

Wenn es jedoch dazu kommt, dass sich die Dickdarmbakterien auch im Dünndarm ausbreiten, spricht man von einer Dünndarmfehlbesiedlung.

Ursachen

Es gibt viele mögliche Ursachen für eine Dünndarmfehlbesiedlung. Im Folgenden werden einige dieser Ursachen genannt:

  • Fehlernährung mit ungesunden Angewohnheiten
  • Chronischer Stress mit Ablenkung des Immunsystems
  • Industriell veränderte Nahrung mit schädlichen Zusatzstoffen
  • Chronische Virusinfekte und
  • Parasiten Entzündungen
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Nebennierenschwäche 
  • Schädigung von Darmnerven durch chronische Stoffwechselerkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus oder Autoimmunerkrankungen
  • zu langsame Dünndarmbewegungen (Motilität)
  • zu geringe Produktion von Verdauungssäften von Magen, Galle und Bauchspeicheldrüse
  • Rückwärts Wachstum von Dickdarmmikroben wegen undichter Bauhin-Klappe am Übergang

Symptome: Wie kann ich eine Dünndarmfehlbesiedlung erkennen?

Häufig leiden Betroffene nach dem Essen unter vermehrter Müdigkeit, Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, oder sogar Durchfällen. Das begründet sich darin, dass die Dickdarmbakterien, die fälschlicherweise in den Dünndarm geraten sind, den Nahrungsbrei verstoffwechseln. Gase entstehen als Abfallprodukt und verursachen oben beschriebenen Symptome. Bei diesem ungünstig wirkenden Stoffwechsel der Bakterien werden auch Säuren und Toxine freigesetzt, die die Darmwand angreifen. Dadurch wird die Aufnahme der Nährstoffe erschwert. Folge davon können Störungen in der Fett- und Eiweißverdauung sein. Typisch hierfür sind Fettstühle, ein lehmfarbener Stuhl, der scharf riecht. Weitere Folgen können eine Anämie (Blutarmut), Leistungsabfall, Konzentrationsstörungen und viele weitere Folgeerkrankungen sein, die durch resultierende chronische Stoffwechselstörungen entstehen.

Die wichtigsten Symptome im Überblick

  • Bauchschmerzen
  • Völlegefühl
  • Blähungen
  • Übelkeit
  • Schwindel
  • Eisenmangel
  • Müdigkeit
  • Eiweißmangel
  • Ödemneigung
  • Mangel an fettlöslichen Vitaminen A, D, E, K und B12

Diagnose: Wie kann eine Dünndarmfehlbesiedlung festgestellt werden?

Zum einen gibt die Patientengeschichte dem Arzt viele Hinweise, wie zum Beispiel Darm- oder Magenoperationen, das Unwohlsein nach dem Essen, und viele Symptome, die der Patient an sich feststellen kann. Zur Diagnosefeststellung kann ein Wasserstoff-Atemtest mit Glukose durchgeführt werden. Dabei wird nach der Einnahme einer bestimmten Menge Glukose gemessen, wie viel Wasserstoff und weitere Gase in der Ausatemluft sind. Bei einer Dünndarmfehlbesiedlung befinden sich dort Bakterien, die Glukose verstoffwechseln und unter anderem Wasserstoff freisetzen. Dieser Wasserstoff wird durch die Darmwand ins Blut aufgenommen und wieder ausgeatmet. Bei einer Dünndarmfehlbesiedlung kann man schon nach 10 bis 20 Minuten nach Einnahme der Glukose einen erheblichen Wasserstoffanteil in der Ausatemluft feststellen.
In einer Blutuntersuchung kann festgestellt werden, ob hormonelle Verschiebungen, Mitochondriopathie, Nebennierenschwäche, Vitamin-D-Rezeptor-Blockade vorliegen oder ein Mangel an Vitaminen oder Eisen. Es können auch bildgebende Verfahren wie eine Magnetresonanztomografie durchgeführt werden.
Mit dem quantitativen Darmflora-Test kann die Fehlbesiedlung und Überbesiedlung Ihres Darmes gemessen und individuelle Therapieempfehlungen gegeben werden.

Therapie: Wie kann die Dünndarmfehlbesiedlung behandelt werden?

Je nach Ursache für die Fehlbesiedlung gibt es auch unterschiedliche Ansätze für die Behandlung. Ist die Ursache beispielsweise eine Grunderkrankung, wie eine nicht richtig funktionierende Klappe zwischen Dünn- und Dickdarm, muss diese behandelt werden. Auch ein operativer Eingriff kann dafür nötig sein, um eine Fehlbesiedlung zu beseitigen. Bei Mangelerscheinungen kann es nötig werden vorübergehend Vitamine oder Eisenpräparate zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung einzunehmen. Auch eine antibiotische Therapie kann in Erwägung gezogen werden. Dabei werden die Bakterien im Dünndarm durch das Antibiotikum abgetötet. Der Nachteil ist jedoch, dass auch gute Bakterien, die zu einer gesunden Darmflora beitragen, dabei nicht verschont werden. Es kann schon wenige Wochen nach erfolgreicher Therapie zu einer wiederholten Fehlbesiedlung kommen.

Alternative Therapiemöglichkeiten

Weniger Kohlenhydrate

Eine alternative Therapiemöglichkeit ist es, den Bakterien im Dünndarm durch ausgewählte Lebensmittel die Lebensgrundlage – die Nahrung– zu entziehen. Dafür sollten Sie 6 Wochen lang auf bestimmte Kohlenhydrate, Zucker und weitere langsam verdauliche Nahrungsbestandteile verzichten. Die Reduktion von fermentierbaren Kohlenhydraten, vor allem von Polysacchariden, ist dabei die wirksamste Ernährungsanpassung zur Linderung der Symptome.

Wichtig ist, dass die Darmwände die Nahrung schnell genug aufnehmen können und die Bakterien nicht weiter durch Nahrung überwuchern können. Damit kann das Immunsystem wieder besser die Flora kontrollieren. Dabei werden viele Grundnahrungsmittel wie Brot, Nudeln und Reis stark reduziert. Auch Obst sollte nicht übermäßig verzehrt werden, weil der Fruchtzuckeranteil recht hoch ist. Darüber hinaus sollte in den ersten Wochen der Therapie auch auf Milchprodukte weitestgehend verzichtet werden.

Zu den Nahrungsmitteln die Sie jedoch ohne Bedenken essen können zählen: Gemüse, Fleisch, Fisch und mäßig Fette. Achten Sie auf eine ausgewogene und leicht verdauliche Ernährung und erzielen Sie damit Erfolge. Vor allem können Sie den Erfolg der Behandlung durch eine gezielte Anwendung von pflanzlichen Antibiotika unterstützen, die gewissermaßen ein biologisches Schutzschild aufbauen und dem Dünndarm ermöglichen, die bakterielle Flora erfolgreich im Griff zu halten. Zu den wichtigsten Bestandteilen für die Regeneration gehören Nahrungspausen, in denen der Darm sich wie in einem Urlaub erholen und reinigen kann (Clearing-Funktion). Gegen Ende der Therapie können Sie einzelne Zutaten ihrem Speiseplan wieder zufügen und die Menge langsam steigern. Dann dürfen Sie leicht verdauliche Getreidesorten wie Dinkel, Roggen und Buchweizen auch wieder Ihrem Speiseplan zufügen. Auch Obst dürfen sie wieder öfter essen und sich hin und wieder etwas Süßes gönnen.

SCD (Specific Carbohydrate Diet)

Eine Ernährungsform, welche die „richtigen“ und „falschen“ Kohlenhydrate berücksichtigt, ist die sogenannte „Specific Carbohydrate Diet“ (SCD) oder spezifische Kohlenhydrat-Diät, die von Sidney V. Hass 1924 entwickelt wurde. Die einst für Zölikaiepatienten entwickelte SCD kann aus klinischer Erfahrung Beschwerden bei Dünndarmfehlbesiedlung lindern. Wie bei der SCD fehlen bei auch bei den anderen bekannten Ernährungsansätzen Studien, die die Wirksamkeit belegen. Hier eine kleine Übersicht der Lebensmittel bei der ­Specific Carbohydrate Diet:

Empfohlene Lebensmittel

Unverarbeitetes Fleisch, Fisch, Geflügel (frisch oder tiefgefroren)
Eier, Pilze
laktosefreie Milch, laktosefreier ­Joghurt, laktosefreier Frischkäse, ­Weichkäse, Hartkäse,
nicht stärkereiches Gemüse wie Auberginen, Blumenkohl, Brokkoli, Erbsen, grüne Bohnen, Gurken, Grünkohl, Karotten, Kürbis, Paprika, Rosenkohl, Rote Beete, Sellerie, Spinat, Tomaten, Zucchini
Salat, reifes Obst
Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte wie ungeröstete Cashews, Haselnüsse, Mandeln, Paranüsse, Pecannüsse, Walnüsse, Linsen, weiße Bohnen
glukosereiche Süßungsmittel (Honig, Ahornsirup, Reissirup)
Öle und Fette (inkl. Butter und Rahm)
Gewürze und Kräuter sind erlaubt und sollen reichlich genutzt werden, auch Knoblauch und Zwiebeln

Nicht empfohlene Lebensmittel

Verarbeitete und geräucherte Fleisch- und Wurstwaren sowie Fleischersatzprodukte wie Tofu
Alle Getreide- und Pseudogetreidesorten wie Buchweizen, Weizen, Dinkel, Hafer, Hirse, Mais, ­Roggen, Gerste, Reis, Quinoa, Amarant usw.
Laktosehaltige Milch, Joghurt und ­Käse, Sojamilch und Pflanzendrinks
Stärkehaltige Gemüsesorten wie ­Kartoffeln, ­Süßkartoffeln, Pastinake, Kohlrabi, Weizenkeime, Kichererbsen, Sojabohnen, Mungbohnen

Eine der SCD ähnliche Ernährung ist die FODMAP-Diät (fermentable oligo-, di-, monosaccharides and polyoles), bei der nicht nur Stärke eliminiert wird, sondern zusätzlich weitere Kohlenhydratbestandteile, die von den Mikroben im Dünndarm fermentiert werden können.

Sorbentien-Therapie

Sowohl bei einer Überbesiedlung des Darmes mit Bakterien (SIBO) aus auch Pilzen (SIFO) gehört der Einsatz von Sorbentien (mit zeitlichem Abstand zur Nahrungsaufnahme) zu den grundlegendsten therapeutischen Maßnahmen. Auf diese Weise wird die Toxin-Produktion während der Flora-Umstellung von den Patienten besser toleriert.

Pflanzliche Antibiotika: das biologische Schutzschild

Pflanzliche Antibiotika oder auch Phytoseptika können bei der Dünndarmfehlbesiedlung mit großen Vorteilen punkten. Zum Essen oder kurz vor den Mahlzeiten eingenommen unterstützen sie das Immunsystem bei der Steuerung der Darmflora. Schädliche Keime können besser in Schach gehalten werden. Schädliche Nebenwirkungen wie bei schulmedizinischen Antibiotika treten nicht auf. Darüber hinaus helfen pflanzliche Antibiotika dem Immunsystem, nicht nur Bakterien zu kontrollieren, sondern auch Darm-Parasiten, Pilze und Viren. In einer ausreichenden Dosierung und Kombination beschleunigen pflanzliche Antibiotika die Regeneration des Darmes, weil sie wie ein Schutzschild wirken.

Stärkung von Magensäure und Gallensäuren

Die Entstehung einer Dünndarmfehlbesiedlung wird unter anderem durch eine unzureichende Produktion von Magen- und Gallensäuren gefördert. Zu Beginn der Behandlung kommen deshalb individuell HCl-Kapseln, Choleretika und Enzympräparate zum Einsatz.

Intuitives Fasten

Durch Intervallfasten können sie viele Vorteile nutzen, weil durch die Nahrungspausen der Darm Gelegenheit zu Ruhe und Erholung bekommt. Üblich sind feste Pausenzeiten vom späten Abend bis hinein in den Vormittag. Wenn Sie nur zwei Mahlzeiten zu sich nehmen, zum Beispiel um 12 Uhr und 18 Uhr, dann kann sich der Darm reinigen und auch der Stoffwechsel wird entlastet. Diese Ernährungsweise senkt den Insulinspiegel und wirkt damit dem metabolischen Syndrom und Diabetes entgegen.

Wenn Sie Probleme mit Nebennierenschwäche haben, neigen Sie zu Unterzuckerung, wenn die Pausen zu lange sind und das bedeutet Stress für das Drüsensystem und hat nachteilige gesundheitliche Folgen. Dann ist das intuitive Fasten besser für Sie geeignet, weil Darm und Stressdrüsen zugleich gefördert werden. Beim Intuitiven Fasten sind die Mahlzeiten nicht fest gelegt. Das Essen wird an die Bedürfnisse des Körpers angepasst. Dies gelingt um so besser, je mehr der Patient lernt, die entsprechenden Symptome besser wahr zu nehmen. Unterzuckerung oder Sättigkeitsgefühl treten nicht plötzlich auf, sondern steigern sich langsam. Beim Intuitiven Fasten lernen Sie Ihren Körper besser kennen und können Vitalität und Lebenskraft steigern.

Sie können Ihren Darm durch eine gesunde Lebensweise dauerhaft bei seiner Arbeit unterstützen. Tägliche Bewegung ist auch für Ihren Darm eine Wohltat, es regt die Verdauung an und wirkt wie auch Bitterstoffe gegen Heißhunger. Bitterstoffe können die Peristaltik (Darmbewegungen) und die Sekretion (Ausscheidung) von Verdauungssäften fördern.